Časopis Slovo a slovesnost
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Kodifizierungs-, Standardisierungs- und Rechtsaspekte von Eigennamen (der schriftlichen Form)

Miloslava Knappová, Jitka Malenínská

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Kodifikační, standardizační a právní aspekty (psané podoby) vlastních jmen

0. Die Eigennamen bilden eine bedeutende, wenn auch peripherische Komponente des Wortschatzes jeder Sprache. Die Hauptfunktion des Systems von Eigennamen ist die gesellschaftlich bedingte Identifizierung (Individualisierung, Differenzierung) der durch gesellschaftliche Relevanz determinierten Denotate. Diese Funktion ist in den Texten offizieller Gültigkeit (Dokumenten, Karten und dgl.) auch durch die Forderung betont, die standardisierte, orthographisch kodifizierte Namensform anzuwenden.

Vom sozialen, rechtlichen und linguistischen Gesichtspunkt aus werden durch diese spezifische Funktion drei Systeme von Eigennamen abgesondert, die der offiziellen (amtlichen) Benennung von gesellschaftlich wichtigen Objekten dienen.

 

1. Es ist vor allem das System von Personennamen, genauer gesagt diejenige von seinen Komponenten, mittels derer es zur zivilrechtlichen Legalisierung der Persönlichkeit kommt. Es betrifft die geschriebene Form des Vornamens, Taufnamens (der Vornamen, Taufnamen) und des Familiennamens, die in die offiziellen Dokumente eingetragen sind. Diese Namensform dient nämlich zur eindeutigen Identifizierung des Bürgers, für den sich daraus nicht nur das Recht, sondern auch die Pflicht ergibt, genau die Form (Formen) eines Vor– und Familiennamens anzuwenden, die in den offiziellen Dokumenten eingetragen ist. Die Nichteinhaltung dieser Forderung (z. B. Anwendung der Form Marty statt Martin) kann verschiedenste Probleme, z. B. güterrechtlichen Charakters hervorrufen. Die rechtliche Gewichtigkeit und Verbindlichkeit der offiziellen (geschriebenen) Form der Eigennamen ist in diesbezüglichen Gesetzen, gesetzlichen Richtlinien und in verschiedenen Anordnungen verankert, in der Tschechischen Republik z. B. in Matrikelgesetzen, im Vor– und Familiennamengesetz, im Familiengesetz usw., die ihre Parallelen in den meisten europäischen Staaten haben. Diese Gesetze gehen von der europäischen rechtlichen, kulturellen und allgemeinen Zivilisationstradition aus und knüpfen an verschiedene ehemalige Anordnungen und Vorschriften, und zwar ebenso profane, wie auch kirchliche an, die z. B. in Österreich–Ungarn schon am Ende des 18. Jahrhunderts existierten. Die Gewichtigkeit der rechtlichen Reichweite der geschriebenen Form von offiziell angewendeten Vor– und Familiennamen wird in der Tatsache deutlich, daß offizielle anthroponymische Prozesse, d. h. Vor– und Familiennamenwahl und Vor– und Familiennameneintragung in den meisten europäischen Staaten heutzutage rechtlich geregelt werden (Knappová, 1990).

Die konkrete Regelung betrifft vor allem die Form des Vornamens (Taufnamens). Die meisten europäischen gesetzlichen Anordnungen und Vorschriften definieren den Begriff des standardisierten Wesens des Namens und dessen offizieller Form, die ebenfalls das Geschlecht seines Trägers ausdrücken soll; in der Regel gelten verstümmelte Formen, Deminutivformen u. ä. als nichteintragungsfähig. Die geschriebene (graphische) Namensform soll in den meisten europäischen Ländern von den orthographischen Regeln ausgehen, die in der konkreten Sprache der realisierten Namenseintragung gelten. Das bedeutet, daß die Namen der zeitlichen orthographischen Kodifizierung unterliegen. Die aus den Fremdsprachen übernommenen Namen werden ebenfalls nach den orthographischen Grundsätzen der Sprache, in der die Einschreibung erfolgt, eingetragen; das bedeutet, daß z. B. die Namen orthographisch tschechisiert (Jeannette Žaneta) oder verdeutscht werden (Saša Sascha) u. ä. Die Eintragung der beglaubigten ursprünglichen Form ist selbstverständlich nicht ausgeschlossen. Die [188]orthographischen Dubletten, bzw. die im orthographischen System einer anderen Sprache verwendeten Formen werden zugelassen; die Nationalität ihrer Träger läßt sich jedoch nicht daraus erkennen. Zu den sprachlichen Aspekten kommt noch die gesellschaftliche Regulation der Namenwahl hinzu, die die gesellschaftlichen, regionalen und Familiengewohnheiten im Orte (im Lande), in dem der Name eingetragen und verwendet wird, respektiert.

Nicht weniger gewichtig und von rechtlicher Relevanz ist die offizielle, geschriebene Form des Familiennamens. Wie bekannt ist, unterliegt die Orthographie eines Familiennamens keiner zeitlichen orthographischen Kodifizierung und wird von Generation zu Generation vererbt; in der Menge von verschiedensten Eintragungen einer weit verzweigten Familie kommt es natürlich zu bestimmten orthographischen Abwandlungen, teils willkürlichen, teils unwillkürlichen, was unerwünschte Folgen für Identifizierung eines Einzelnen als Angehörigen einer gegeben Familie hat oder haben kann. Die gesetzlichen Vorschriften ermöglichen auch eine offizielle orthographische Veränderung des Familiennamens, z. B. die dem Ursprung des Familiennamens entsprechende Veränderung usw. Rechtlich geregelt wird in der Tschechischen Republik z. B. auch die Eintragungsform des weiblichen Familiennamens, der den grammatischen Grundsätzen gemäß von einem männlichen Familiennamen mittels der Suffixe –ová, –á gebildet wird. Einen komischen, gesellschaftlich unerträglichen usw. Vor– und Familiennamen kann man nach den europäischen Regulativen gleichfalls aus gewichtigen Gründen ändern.

Es ist bekannt, daß bei den in der nichtoffiziellen Sphäre angewendeten Personennamen eine Menge von Hypokoristika, Spitznamen und Familiennamenvarianten bestehen. Ihre gewisse orthographische und wortbildende Standardisierung ist jedoch rechtlich unrelevant, sie ist nur Ausdruck einer gewissen gesellschaftlichen Konvention.

Es ist nicht auszuschließen, daß die Zukunft eine bestimmte Modifikation der bisherigen Regulative bringen wird, die die Anwendung von Personennamen regelt, aber nach wie vor wird es gelten, daß die geschriebene Form des Personennamens (d. h. des Vor– und Familiennamens) jedes Einzelnen in den meisten europäischen Ländern rechtlich relevant und daher verbindlich bleiben wird.

 

2. Ein anderes onymisches System, dessen Teil die Verbindlichkeit der geschriebenen Form betrifft, ist das System von geographischen Namen.

Der Bedarf, die Benennung jedes topographischen Objektes eindeutig zu bestimmen, führte in manchen Ländern nicht nur zu nationalen, sondern auch zu internationalen Bestrebungen, Grundsätze und Regeln für die Standardisierung der geographischen Namen festzulegen. Das führte dazu, daß seit dem Jahre 1967 im Weltmaßstab bereits sechs UNO–Konferenzen über die Standardisierung der geographischen Namen veranstaltet wurden. Die letzte Konferenz fand vom 25. August bis 3. September 1992 in New York statt. Die Tschechische Republik gehört in die X. regionale Gruppe, die als Ost–, Mittel– und Südwesteuropa bezeichnet wird.

Im Sinne der aus den UNO–Konferenzen angenommenen Schlußfolgerungen wird empfohlen, die Verwendung der Exonyme (d. h. der eingebürgerten, traditionell verwendeten Namen topographischen Objekte außerhalb der Staatssouveränität einzelner Länder, z. B. Paříž statt Paris) in den Nationalsprachen auf ein unbedingtes Minimum zu beschränken und an erster Stelle die von den entsprechenden Staatsorganen des gegebenen Gebietes festgelegten Namen topographischer Objekte zu verwenden (Fičor, 1989, S. 6). Die Form der Exonyme unterscheidet sich von der offiziellen fremdsprachigen Lautung. Es kann um einen Unterschied in der graphischen und damit gleichzitig in der phonetischen Namensgestalt (graphische Exonyme, z. B. Řezno statt Regensburg) oder nur um einen Unterschied in der phonetischen Namensgestalt gehen, bei dem der Name im tschechischen Usus in das tschechische phonetische [189]System, nicht selten nach Bedürfnissen der Deklination (phonetische Exonyme, z. B. Montreal [montreál] regelmäßig übertragten wird; Čáslavka, 1982, S. 1).

An Endonymen werden diejenigen bevorzugt, die in der offiziellen Sprache des jeweiligen Raumes, in dem die geographischen Objekte liegen, verwendet werden. In den für die nationale Verwendung bestimmten Landkarten und Atlanten sind in einem unerläßlichen Ausmaß neben Endonymen auch Exonyme in Klammern angeführt. Die selten verwendeten Exonyme wurden in die Gruppe historischer Exonyme überführt, z. B. Brunšvik statt Braunschweig, Pětikostelí statt Pécs, Solnohrad statt Salzburg. Nur auf die historische Literatur bleibt Kreščak statt Créçy beschränkt. Alle diese sog. historischen Exonyme geben ein wertvolles Zeugnis von ehemaligen politischen, kulturellen oder Handelsbeziehungen des tschechischen Volkes mit der Umwelt. Das Schicksal der Exonyme entwickelte sich in einzelnen Sprachen verschiedenartig, was die Situation im Tschechischen belegt. In der Tschechischen Republik wurde im Jahre 1982 die Liste Vžitá česká vlastní jména geografická (Eingebürgerte tschechische geographische Eigennamen) herausgegeben. Dem Vorwort zufolge „stellt die vorgelegte Liste ein verbindliches Hilfsmittel für kartographische Werke dar und wird als normatives Handbuch empfohlen”. Der Zweck dieser Liste besteht darin, die im Tschechischen schon verwendeten Exonyme zu kodifizieren, und zwar mit Beschränkung auf solche Fälle, die am häufigsten vorkommen, z. B. Benátky statt Venezia, Seina statt Seine, Bělehrad statt Beograd. Ihre Aufgabe liegt nicht in Bildung neuer Exonyme; sie darf keinesfalls als eine Anweisung zur Bildung von anderen tschechisierten Formen betrachtet werden.

Eine schon traditionell intensiv und wiederholt diskutierte Frage in der kartographischen Praxis ist die Problematik der Transkription der geographischen Namen aus den Gebieten, in denen ein nichtlateinisches System der Schrift verwendet wird. Dieser Prozeß wird als Latinisierung bezeichnet. Die Spezifik dieser Situation besteht darin, daß in der Vergangenheit Kartographen mancher Länder, die die Lateinschrift verwendeten, ihre eigenen Transkriptionssysteme bildeten; im Rahmen eines Staates wurden sogar mehrere gegenseitig differenzierte Transkriptionsarten verwendet. Infolgedessen konnte der Name eines geographischen Objektes (z. B. aus China oder aus den arabischen Ländern) in einer Landkarte englischen Provenienz eine andere Form aufweisen als z. B. in einer deutschen oder französischen Landkarte. Die Namensgestalt war von der angenommenen Latinisierungweise abhängig, die gewöhnlich in Korrelation mit topographischen Gegebenheiten (graphematischem Inventar) der übernehmenden Sprache und mit deren Grundsätzen der Aussprache stand. Dieser Vorgang geriet immer stärker in Widerspruch zu dem Ziel der internationalen Standardisierung geographischer Namen – eine einzige Schreibweise für jedes geographische Objekt auf der Erde und jedes topographische Objekt auf den anderen kosmischen Körpern zu fixieren (Horňanský, 1992, S. 12). In der bisherigen Tätigkeit der UNO–Konferenzen werden von manchen Ländern eigene Latinisierungssysteme ausgearbeitet, die den UNO–Konferenzen zur Untersuchung und Genehmigung vorgelegt wurden.

Die Standardisierung geographischer Objekte und deren einheitliche Verwendung verhindert eventuelle Irrtümer und verbessert so die Qualität der Informationskommunikation; gleichzeitig trägt sie zur Erhöhung des Kulturniveaus der Bevölkerung, der nationalen Repräsentation und des internationalen Prestiges bei. Man kann daher die Standardisierung als gesellschaftlich nutzbringend bewerten.

 

3. Das dritte onymische System, bei dem die offizielle geschriebene Form sprachlich und rechtlich relevant ist, ist das System von Chrematonymen. Es geht konkret vor allem um die Wortschutzmarken, z. B. um die Benennungen verschiedener Institutionen im Industrie– und Handelsbereich (Bílá labuť – ein Prager Warenhaus) und um die Benennungen verschiedener Erzeugnisse (Lada – Nähmaschinen, Duha – Textil[190]farben). Diese Tatsache wird von Gesetzen und Vorschriften bestätigt, die sowohl im nationalen Bereich, als auch auf internationaler Ebene gültig sind und durch die die Gestaltung, Standardisierung und Anwendung von Schutzmarken geregelt wird (Knappová, 1989).

Fassen wir zusammen: die gesellschaftliche Bedeutung einiger Eigennamentypen ist von der Verbindlichkeit ihrer kodifizierten oder standardisierten offiziellen geschriebenen Form bestimmt. Ihre Beachtung ist nicht nur durch die gesellschaftlichen und sprachlichen, sondern auch durch die rechtlichen Aspekte bedingt.

 

LITERATUR

 

Čáslavka, I. a kol.: Vžitá česká vlastní jména geografická. Praha 1982.

Fičor, D.: Štandardizácia geografického názvoslovia. Geodetický a kartografický obzor, 35/77, 1989, č. 1, s. 2–9.

Horňanský, I.: Kartografická prax a latinizácia názvoslovia. Geodetický a kartografický obzor, 38/80, 1992, č. 1, s. 12–15.

Knappová, M.: Funkční a jazykově kulturní aspekty pragmatonym. In: R. Šrámek – L. Kuba (ed.), Onomastika a škola, sv. 3. Chrématonyma z hlediska teorie a praxe. Brno 1989, s. 27–34.

Knappová, M.: Zu der offiziellen Regulierung der europäischen Benennungsprozesse. In: Proceedings of the XVIIth International Congress of Onomastic Sciences, vol. 2. Ed. E. M. Nähhi. Helsinki 1990, s. 3–10.

 

R É S U M É

Kodifikační, standardizační a právní aspekty (psané podoby) vlastních jmen

Vlastní jména tvoří významnou, i když periferní složku slovní zásoby každého jazyka. Z hlediska sociálního, právního a jazykového se touto specifickou funkcí vyčleňují tři systémy vlastních jmen, které slouží oficiálnímu úřednímu pojmenování společensky důležitých objektů.

Je to jednak systém osobních jmen, přesněji řečeno té jeho složky, jejímž prostřednictvím dochází k občanskoprávní legalizaci osobnosti: Rodná (křestní) jména podléhají v jednotlivých jazycích dobové pravopisné kodifikaci, příjmení naproti tomu petrifikují rodovou grafickou podobu, která se stává identifikačním znakem rodiny. Z tohoto důvodu je také ortografická podoba osobního jména (tzn. rodného jména a příjmení) každého jednotlivce ve většině evropských zemí právně závazná.

Druhým onymickým systémem, jehož části se týká závaznost psané podoby, je systém jmen zeměpisných. U národních podob vychází z příslušných kodifikačních zásad jednotlivých jazyků, v mezinárodním kontextu z mezinárodních standardizačních norem OSN.

Třetím onymickým systémem, u něhož je oficiální psaná podoby jazykově i právně relevantní, je systém chrématonym. Tuto skutečnost dotvrzují zákony a vyhlášky platné v okruhu národním i na poli mezinárodním, usměrňující tvorbu, standardizaci a užívání ochranných známek.

Ústav pro jazyk český AV ČR
Praha

Slovo a slovesnost, ročník 54 (1993), číslo 3, s. 187-190

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