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Propositionale Einstellung des Sprechers und die Konstitution von Sprechakttypen

Renate Pasch (Berlin)

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Postoje mluvčího k propozici a konstituování typů řečových aktů / Пропозиционная установка говорящего и установление типов речевого акта / L’attitude propositionnelle du locuteur et la constitution des types des actes du langage

0. Von einigen Linguisten wurde die Hypothese aufgestellt, Adverbiale der propositionalen Einstellung seien konstitutiv für die illokutive Kraft (den Sprechhandlungstyp) des Satzes, in dem sie auftreten. Auf eine derartige Position läuft die Annahme von R. Bartsch[1] hinaus, wo versucht wird, nachzuweisen, dass solche Adverbiale „performativ“ gebraucht werden, „performative Operatoren“ sind. Dass sich die oben genannte Hypothese jedoch über die Performativitätsannahme (gekoppelt mit der Annahme einer Paraphraserelation der Adverbialsätze zu Beschreibungen der propositionalen Einstellung des Sprechers, die als Matrixsatz-Konstituentensatz-Konstruktion realisiert sind) nicht untermauern lässt, haben Lang/Steinitz in ihrer Kritik am Ansatz Bartschs einsichtig gemacht.[2]

1. Im folgenden möchte ich versuchen, die oben genannte Hypothese, dass Adverbiale der propositionalen Einstellung konstitutiv sind für die illokutive Kraft des Satzes, in dem sie auftreten, auf andere Weise zu stützen, jedoch will ich die Hypothese auch auf ihre generelle Tragfähigkeit hin prüfen. Zu diesem Zwecke sollen die nachstehend aufgeführten Sätze betracht werden:

(1) A.: (a) Hoffentlich spricht Max déutlich.

(2) A.: (b) Max spricht déutlich.

Wenn Sätze wie (c) und (d) in

(3) A.: (c) Spricht Max déutlich?

(4) A.: (d) Sprich déutlich!

— wie es nach allgemeinem Einverständnis von Grammatikern und Sprechakttheoretikern vernünftig ist — anderen Sprechakttypen (Sprechhandlungstypen, illokutiven Typen) als (b) zuzuordnen sind — nämlich (c) dem Typ der Frage und (d) dem Typ der Aufforderung —, so kann man auch für die Sätze (a) und (b) die Frage stellen, ob sie unterschiedlichen Sprechakttypen zugeordnet werden müssen. Ich will dabei davon absehen, dass es noch keine ausgearbeitete Sprechakttheorie gibt und die Frage der Zahl der Sprechakttypen (und implizite ihrer konstitutiven Merkmale) nicht beantwortet werden kann.[3]

Bei der Beantwortung der oben aufgeworfenen Frage will ich mich ganz im Rahmen der intuitiven Urteile bewegen, die bislang im Vergleich von Sätzen wie (b) mit Sätzen wie (c) und (d) unangefochten gefällt wurden, nämlich dass (b) eine Behauptung, (c) eine Frage und (d) eine Aufforderung ausdrückt (bzw. die Äusserung dieser Sätze eine Behauptung, eine Frage, eine Aufforderung ist). Diese Urteile schlagen sich auch in Reporten der betreffenden Äusserungen (in indirekter Rede) nieder: Wenn der Hörer dieser Sätze einem Dritten Auskunft über das sprachliche Verhalten von A. gibt, kann er sagen:

[119]für (2):

(2)r A. hat behauptet, dass Max deutlich spricht.

nicht aber

(2)r*′ A. hat gefragt, ob Max deutlich spricht.

und nicht

(2)r*″ A. hat Max aufgefordert, deutlich zu sprechen.

für (3):

(3)r A. hat gefragt, ob Max deutlich spricht.

nicht aber

(3)r*′ A. hat behauptet, dass Max deutlich spricht.

und nicht

(3)r*″ A. hat Max aufgefordert, deutlich zu sprechen.

Ähnlich kann er (4) nicht als Behauptung oder als Frage bezeichnen. Die im Report verwendbaren Lexeme, deren Bedeutungen sprachliche Äusserungen in ihrer Spezifik charakterisieren, können also als Indikatoren des Sprechakttyps eines Satzes fungieren, den sie (z. B. in Reporten) beschreiben. In diesem Sinne ist ein möglicher Report über die Äusserung von (a) in (1) nicht

(1)r* A. hat behauptet, dass er hofft, dass Max déutlich spricht.

sondern

(1)r′ A. hat geäussert, dass er hofft, dass Max déutlich spricht.

oder

(1)r″ A. hat die Hoffnung geäussert, dass Max déutlich spricht.

Der Report über (1) hebt sich in der Charakterisierung der vollzogenen Sprechhandlung also von der Charakterisierung der in (2) vollzogenen Sprechhandlung ab. Nichtlinguisten, denen der Report und sein Gegenstand unter Angabe der Situation, in der sie gemeinsam realisiert werden sollen, vorgelegt wurden, haben offenbar ganz sichere intuitive Vorstellungen über die Beurteilbarkeit der Sätze (a) und (b) in bezug auf ihren Sprechakttyp, denn sie nahmen die oben angegebenen Beurteilungen der Satzpaarungen bezüglich Abweichung bzw. Nichtabweichung der Reportausdrücke ohne Zögern vor. Die für (1) angeführte Besonderheit in der Charakterisierung im Report gilt übrigens auch für Sätze, in denen die propositionale Einstellung des Sprechers in einem Matrixsatz ausgedrückt ist:

(5) A.: (e) Ich hoffe, dass Max déutlich spricht.

oder in Parenthese

(6) A.: (f) Max spricht — hoffe ich — déutlich.

Es ist hier anzumerken, dass man, wenn man Reporte als diagnostische Mittel benutzt, damit rechnen muss, dass beim Reportieren kommentierende Elemente in die Reportausdrücke eingehen können, die über die reine Beschreibung der Sprechhandlung, die reportiert werden soll, hinausgehen. Nun weist die Bedeutung vieler Prädikate, die Sprechhandlungen beschreiben, solche kommentierenden Komponenten auf. Dies ist auch bei behaupten der Fall. Wenn es nicht in der 1. Person verwendet wird, enthält es ein semantisches Element, das es mit vorgeben gemeinsam hat, nämlich den Ausdruck des Zweifels des Sprechers des Satzes, in dem behaupten auftritt, in bezug auf den Wahrheitsgehalt des „Behaupteten“. Es gibt jedoch kein deutsches Verb, das die fragliche Komponente nicht aufweist, aber ansonsten mit der Bedeutung von behaupten übereinstimmt. (Eine mögliche Entsprechung könnte sein: die Überzeugung zum Ausdruck bringen. Diese Wendung ist jedoch stilistisch markiert.) Dies zeigt, dass mitunter im Hinblick auf den Test unerwünschte Effekte in Kauf genommen werden müssen, die durch die semantische Struktur des Lexikons bedingt sind.

[120]Dieser Mangel, der sich für den Reporttest mit behaupten ergibt, kann durch einen anderen Test zur Bestimmung von Sprechakttypen kompensiert werden. Indikatoren für Unterschiede in den Sprechakttypen, denen Sätze zugeordnet werden können, sind ausserdem die unterschiedlichen Möglichkeiten bei der Zuordnung von Sätzen mit explizit performativen Elementen zu ganz bestimmten Sätzen ohne solche explizit performativen Elemente. (Zum Begriff der expliziten performativen Elemente siehe J. L. Austin,. o. c., S. 69 ff.) So ist z. B. zum Satz (c) aus (3)

(3) (c) Spricht Max déutlich?

der Satz

(c)’ Ich frage dich, ob Max deutlich spricht.

als Explizierung seiner illokutiven Kraft anzusehen, nicht aber

(b)’ Ich behaupte, dass Max deutlich spricht.

Umgekehrt ist zu (b) aus (2)

(2) (b) Max spricht déutlich.

nicht

(c)’ Ich frage dich, ob Max deutlich spricht.

eine mögliche Explizierung der illokutiven Kraft, sondern (b)’. Das heisst, die Sätze, in denen die illokutive Kraft lexikalisch ausgedrückt ist, können mit der gleichen Intention verwendet werden wie die Sätze ohne lexikalisch explizite performative Elemente.

In dieser Hinsicht kann zwar, wie gezeigt wurde, (2) (b) mit

(b)’ Ich behaupte, dass Max deutlich spricht.

in Beziehung gesetzt werden, es kann aber kein explizit performativer Ausdruck

(a)’* Ich behaupte, dass Max hoffentlich deutlich spricht.

zu (1) (a) gebildet werden. Ebensowenig kann

(a)”* Ich behaupte, dass ich hoffe, dass Max deutlich spricht.

zu (a) aus (1) gebildet werden. Das gleiche gilt für Sätze mit ich halte es für möglich (/notwendig), ich finde es unwahrscheinlich, leider, ich bedauere, Gott sei Dank, ich finde es grässlich usw., wenn diese als oberste Prädikate im Satz auftreten.

In dieser performativen Verwendung hat das verbum dicendi behaupten nicht die oben für die 3. Pers. vermerkte Komponente. Aus der Vereinigung der Befunde der beiden Testverfahren kann der Schluss gezogen werden, dass — wenn behaupten den Sprechakttyp der „Behauptung“ charakterisiert — diesem Sprechakttyp nicht Sätze zugeordnet werden können, in denen eine subjektive Einstellung des Sprechers zu einer — im Satz ausgedrückten — Proposition zum Ausdruck gebracht wird, wenn die Einstellung semantisch gesehen das oberste Prädikat im Satz bildet.

2. Von Ausdrücken der subjektiven propositionalen Einstellung des Sprechers des Satzes sind nun Ausdrücke einer propositionalen Einstellung zu unterscheiden, die im Deutschen durch Matrixsätze der Form es-Prädikat - im Präsens -, -dass p ausgedrückt werden und die Grade der Gewissheit von der Gültigkeit von p ausdrücken (z. B. es ist möglich, dass p, es ist notwendig, dass p, es ist sicher, dass p). Sie konstituiren Behauptungen, denn hier können vom Hörer Evidenzen angeführt werden, die dagegen sprechen, dass die im Matrixsatz formulierte Bewertung wahr ist, und zwar Evidenzen, die ausserhalb des bewertenden Verhaltens des Sprechers liegen. In diesen Sätzen ist die Bewertung nicht als rein subjektive Einstellung des Sprechers gekennzeichnet, wie etwa in Ich halte es für notwendig, dass p und Ich hoffe, dass p. Gegen subjektive Bewertungen kann nicht im gleichen Sinne argumentiert werden: Die als subjektiv gekennzeichnete Bewertung kann nicht als unzutreffend nachgewiesen werden, sie kann höchstens — aus dem verbalen oder nichtverbalen Verhalten des Sprechers heraus — als dem sonstigen Verhalten des Sprechers widersprechend nachgewiesen werden.

[121]3. In bezug auf diese Unterscheidung stellen die Adverbiale der propositionalen Einstellung einen Problemfall dar. Sind sie subjektive Bewertungen der Proposition nur durch den Sprecher, oder sind sie bezüglich des Bewertenden unspezifiziert? Die Lösung dieser Frage ist wichtig für die semantische Repräsentation der Adverbiale.

Wir haben für das Adverb hoffentlich bisher nur unterstellt, dass es bedeutungsgleich ist mit „Sprecher hofft“ (bzw. „ich hoffe“). Es soll jetzt versucht werden, die Frage zu beantworten, ob die Adverbiale der propositionalen Einstellung wie die ich-Einstellungsprädikat-im Präs.-p-Konstruktionen eine als subjektiv gekennzeichnete Einstellung des Sprechers darstellen, oder ob sie Ausdrücke der propositionalen Einstellung sind, in denen der Bewertende unspezifiziert bleibt, wie dies bei den es-Einstellungsprädikat-im Präs.-p-Konstruktionen der Fall ist. Dabei werden folgende Einsichten zugrunde gelegt:

 

(i) Einstellungen des Sprechers, wie sie durch ich-Einstellungsprädikat-im Präs.-p-Konstruktionen und durch entsprechende Konstruktionen mit flektierten Formen von ich ausgedrückt werden, sind nicht als Behauptungen zu charakterisieren (siehe die Testbefunde).

(ii) Bestimmte in bezug auf den Bewertenden unspezifizierte Einstellungsausdrücke der Form es-Einstellungsprädikat-im Präs.-p- können als Behauptungen charakterisiert werden: 

 

 

 

 

 

 

möglich

 

(7)

Ich behaupte

dass es

notwendig

istdass p.

 

Er hat behauptet

 

wahrscheinlich

 

 

 

 

 

 

unverantwortlich

 

 

(Dies gilt nicht für alle Einstellungsausdrücke dieses Konstruktionstyps, z. B. nicht für es ist bedauerlich, es ist zu hoffen.)

(iii) Viele Adverbialkonstruktionen (vielleicht sogar alle?) der propositionalen Einstellung im Hauptsatz können nicht als Behauptung charakterisiert werden:

 

 

 

 

 

 

*hoffentlich

 

(8)

Ich behaupte

 

*leider

 

 

 

dass Max

*wahrscheinlich

einen

 

Er hat behauptet

 

*dummerweise

Schnupfen

 

 

 

 

 

*möglicherweise

hat.

 

(iv) Wenn Behauptungen etwas sind, gegen bzw. für das argumentiert werden kann (siehe hierzu weiter oben), und wenn Adverbiale der propositionalen Einstellung nicht als Behauptungen charakterisiert werden können, dann kann gegen den Inhalt dieser Adverbiale nicht in diesem Sinne argumentiert werden. Gegen eine Einstellung kann nun nicht argumentiert werden, wenn sie explizit — durch ich-Einstellungsprädikat-im Präs.-p-Konstruktion — als subjektive Einstellung eines Einzelnen gekennzeichnet ist (oder als Einstellung des Sprechers, der sich in eine Gruppe einschliesst — d. h. durch das Pronomen wir im Einstellungsausdruck).

Es kann demnach der Schluss gezogen werden, dass die nicht als Behauptungen zu charakterisierenden Adverbiale — wie die ich-Konstruktionen propositionaler Einstellung — eine als subjektiv gekennzeichnete Einstellung des Sprechers ausdrücken.

4. Auf Grund der Eigenschaft der Sätze, in denen die Adverbiale und die ich-Konstruktionen der propositionalen Einstellung des Sprechers auftreten, nicht als Behauptung charakterisierbar zu sein, muss das Vorhandensein solcher Ausdrücke in einem Satz verantwortlich sein für die Spezifik der illokutiven Kraft des betreffenden Satzes, d. h. für die Spezifik eines Sprechakttyps, der sich vom Typ der Be[122]hauptung unterscheidet. Man könnte den fraglichen Sprechakttyp als Einstellungsbekundung charakterisieren.[4]

Es muss hier aber eingeräumt werden, dass Adverbiale — wie auch Parenthesen — der propositionalen Einstellung nur dann als Indikator des Sprechakttyps des Satzes fungieren, wenn sie oberstes Prädikat im Satz sind. Vgl.

 

(9)

Nebenan wartet der

— hoffe ich 

noch nicht gar zu sehr verärgerte Max.

 

 

   hoffentlich

 

 

Auch soll hier bei der Feststellung einer Übereinstimmung von Adverbialen und ich-Konstruktionen der propositionalen Einstellung nicht behauptet werden, dass Satzadverbien immer semantisch als Ausdruck der subjektiven Einstellung des Sprechers charakterisiert werden müssen.[5] Zum Beispiel sind die in Entscheidungsfragen möglichen Adverbien — wie vielleicht, wirklich, tatsächlich, möglicherweise — nicht Ausdruck einer Einstellung des Fragers. Es kann also nicht Fazit meiner Bemühungen sein, nachzuweisen, dass Adverbiale der propositionalen Einstellung schlechthin — also immer — konstitutiv sind für die illokutive Kraft des Satzes, in dem sie auftreten, noch dass sie semantisch als auf den Sprecher eingeschränkte — d. h. explizit subjektive — Einstellung des Sprechers interpretiert werden müssten. Die Eigenschaften der Adverbiale, die ich hier nachzuweisen versucht habe, sind vielmehr abhängig von deren Stellung in der Hierarchie der semantischen Struktur des Satzes (dies betrifft die Fähigkeit, den Sprechakttyp des Satzes zu determinieren) und von der Verbindung der adverbialen Prädikate der propositionalen Bewertung mit der Satzintention (z. B. in Fragen vs. Mitteilungen; dies betrifft den Aspekt der Sprecherbezogenheit der propositionalen Bewertung).

Man kann folglich nur sagen: Adverbiale der propositionalen Einstellung (Bewertung) können konstitutiv sein für die illokutive Kraft von Sätzen, sie müssen es aber nicht sein.

 

[123]R É S U M É

Postoje mluvčího k propozici a konstituování typů řečových aktů

Referát si klade za úkol zjistit, zda teze o tom, že adverbia vyjadřující hodnotící postoje mluvčího k propozici mají konstitutivní platnost pro tzv. ilokuční sílu věty, má obecnou platnost (tato teze byla vyslovena R. Bartschovou a podrobena kritice E. Langem a R. Steinitzovou). Po podrobné analýze referátu dospívá k závěru, že adverbia tuto konstitutivní platnost mít mohou, avšak nemusí.


[1] Adverbialsemantik. Die Konstitution logisch-semantischer Repräsentationen von Adverbialkonstruktionen, Frankfurt (Main) 1972.

[2] Siehe E. Lang - R. Steinitz, Können Satzadverbiale performativ gebraucht werden?, LS/ZISW/A, H. 42, Berlin 1977, 51—96.

[3] Zum Begriff der illokutiven Kraft — illocutionary force — siehe J. L. Austin, How to Do Things with Words, Oxford 1971. Zur Theorie der Sprechakttypen siehe J. Searle, Speech Acts. An Essay in the Philosophy of Language, Cambridge 21970.

[4] Allerdings ist der hier diskutierte Typ von Sätzen zu unterscheiden von „reinen“ Einstellungsbekundungen, wie z. B. Das finde ich richtig, Das freut mich, Das hoffe ich, Das halte ich für unwahrscheinlich, wo das, wozu eine Einstellung geäussert wird, nicht beschrieben, sondern nur anaphorisch bezeichnet wird. Gegenüber solchen „reinen“ Einstellungsbekundungen enthalten die hier diskutierten Sätze neben der Beschreibung der propositionalen Einstellung auch die Proposition als die Beschreibung eines Sachverhalts, auf den sich die Einstellung bezieht, d. h. zu dem der Sprecher die fragliche Einstellung nach seiner Auskunft hat.

[5] Wenn ich zwischen Ausdrücken der subjektiven Einstellung und bezüglich des Bewertenden unspezifizierten Ausdrücken der propositionalen Bewertung unterscheide, so bedeutet dies nicht, dass ich in Abrede stellen will, dass ein Sprecher durch einen Satz wie

(i) Es ist wahrscheinlich, dass Max erkältet ist.

seine eigene — subjektive — Einstellung ausdrücken kann, nämlich, dass er es für wahrscheinlich hält, dass Max erkältet ist. Nur wird bei einer solchen Ausdrucksweise die Subjektivität der Einstellung dadurch interpretierbar, dass sich der Sprecher von (i) — indem er die Bewertung einer Erkältung von Max als wahrscheinlich per Behauptung für wahr ausgibt — zum Inhalt von (i) bekennt. Dabei wird die Subjektivität der Einstellung bei (i) über die Aufrichtigkeitsbedingung für Behauptungen realisiert, während sie in Sätzen wie

(ii) Ich halte es für wahrscheinlich, dass Max erkältet ist.

über den Inhalt des Satzes realisiert ist.

Sofern meine Schlussfolgerung über die Natur von Satzadverbialen als Ausdrücke der subjektiven Einstellung des Sprechers wahr ist, gilt letzteres auch für Sätze wie

(iii) Wahrscheinlich ist Max erkältet.

Wenn ich hier Sätze wie (ii) und (iii) identifiziere, so bedeutet dies übrigens nicht, dass ich Satzadverbiale und ich-Ausdrücke der propositionalen Einstellung für fakultative Ausdrucksvarianten halte. Sie unterscheiden sich bekanntlich mindestens in bezug auf die Möglichkeiten ihrer Verwendung in der kommunikativen Gliederung der Sätze, in denen sie auftreten sollen.

Slovo a slovesnost, volume 40 (1979), number 2, pp. 118-123

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