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Satztyp und kognitive Einstellung

Manfred Bierwisch (Berlin)

[Articles]

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Větný typ a kognitivní postoj / Тип предложения и когнитивная установка / Le type de phrase et l’attitude cognitive

Unter „Satztyp“ verstehe ich im Folgenden die formalen Eigenschaften von deklarativen, interrogativen, imperativischen (und eventuell weiteren grammatisch gekennzeichneten) Typen von Sätzen. Das Ziel dieses Artikels ist es, den Beitrag des Satztypes (oder, wie er auch genannt wird, des syntaktischen Modus) zur Äußerungsbedeutung zu charakterisieren. Mein Vorschlag hierzu beruht auf folgenden allgemeinen Annahmen:

 

(a) Eine sprachliche Äußerung u beruht auf einerlinguistischen Struktur ls, die (mindestens) eine phonetische, eine syntaktische und eine semantische Struktur umfaßt, welche der Äußerung zuzuordnen sind. Sei sem das Symbol für die semantische Struktur, die einer Äußerung u zugeordnet wird.

 

(b) Eine sprachliche Äußerung u wird interpretiert inbezug auf einen bestimmten Äußerungsrahmen („setting“) oder Kontext ct. Innerhalb dieses Kontexts determiniert die semantische Struktur sem die aktuelle Bedeutung m der Äußerung. Eine kontextuell interpretierte Äußerung sei symbolisiert durch mu. Anders gesagt: mu ist eine Äußerung u bezogen auf einen bestimmten Kontext, welcher ihre spezifizierte Bedeutung m determiniert.

 

(c) Eine semantisch sinnvolle Äußerung mu kann einen bestimmten kommunikativen Sinn cs annehmen, wenn sie im Rahmen eines passenden Kommunikations- oder Interaktionszusammenhangs interpretiert wird. Der kommunikative Sinn cs hängt normalerweise ab von der Äußerungsbedeutung m von mu, obwohl m und cs keineswegs identisch sind. Der kommunikative Sinn entspricht im großen und ganzen der Sprechaktbedeutung, wie sie in der Sprechakttheorie von Searle[1] u. a. anvisiert wird.

 

Ausgehend von diesen Annahmen möchte ich nun das folgende Problem aufwerfen: Was ist der semantische Effekt des Satztyps, zu dem eine Äußerung gehört? Den obigen Annahmen zufolge ist dieser Effekt zu charakterisieren im Hinblick auf die Konsequenzen, die er für die aktuelle Bedeutung der betreffenden Äußerung zeitigt. Wir müssen, mit anderen Worten, genauer bestimmen, welche Unterschiede in potentiellen Äußerungsbedeutungen welchen jeweiligen Unterschieden in ihrem Satztyp entsprechen und wie diese Zuordnung vor sich geht.

Um diese Unterschiede zu charakterisieren, möchte ich beginnen mit Freges[2] Unterscheidung von „Gedanke“, „Urteil“ und „Behauptung“: „Denken ist Gedankenfassen. Nachdem man einen Gedanken gefaßt hat, kann man ihn als wahr anerkennen (urteilen) und dieses Anerkennen äußern (behaupten)“ (Frege, o. c., p. 76). Was Frege einen Gedanken nennt, ist in der modernen Logik als Proposition rekonstruiert worden oder — was auf dasselbe hinausläuft — als die Struktur eines Sachverhalts, der die Proposition wahr macht. Freges „Gedanke“ entspricht ungefähr dem, was ich die Äußerungsbedeutung m eines Satzes genannt habe. Im Verfolg der Fregeschen Betrachtung können wir nun sagen, daß eine Äußerung nicht einfach den Gedanken [195]ausdrückt, sondern vielmehr das Urteil, daß der Gedanke wahr ist, d. h. daß der betreffende Sachverhalt besteht.[3]

„Doch fehlt es in den Sprachen an einem Worte oder Zeichen, das allein die Aufgabe hätte zu behaupten“ bemerkt Frege. In seiner „Begriffsschrift“ führte er das Vorschaltzeichen „|—“ ein, um damit den Status eines Urteils zu kennzeichnen. Nun dürfte klar sein, daß es eine Art von Einstellung oder Bewertung ist, die eine Proposition in ein Urteil verwandelt. Der einfachste Fall ist der, daß eine Proposition für wahr (oder falsch) erachtet wird.[4] In der Tat ist es dieser Typ von Bewertung, dessen Vererbungsbedingungen den primären Gegenstand logischer Analyse ausmachen.

Es ist nun ein ganz natürlicher Schritt, Freges dritte Einheit, die „Behauptung“, als den kommunikativen Sinn eines in einem Kommunikationszusammenhang geäußerten Urteils aufzufassen. Somit ist es die Behauptung, die unter Umständen einer Rechtfertigung bedarf, die Einwänden offensteht etc.

Wenn man diesen Standpunkt akzeptiert, dann ist die Äußerungsbedeutung eines Satzes ein Urteil, d. h. eine bewertete Kennzeichnung eines Sachverhalts, welche — im einfachsten Falle — auf der Ebene der Kommunikation eine diesen Sachverhalt betreffende Behauptung determiniert. Nach dieser Auffassung ist der „Urteilsoperator“ nicht die illokutive Kraft eines Sprechakts, sondern eine Einstellung, die zur Ebene der Äußerungsbedeutung gehört.

Mein Vorschlag lautet nun, die ein Urteil definierende Einstellung als Element eines wohl-definierten Systems von alternativen kognitiven Einstellungen aufzufassen. Ich würde solche kognitiven Eistellungen betrachten als prä-reflexive Weisen der Einschätzung aktueller oder möglicher Sachverhalte. Ganz vorläufige Kandidaten dafür wären etwa: Erkunden, ob ein Sachverhalt besteht (wissen wollen), Mutmaßen, daß er besteht (ihm eine subjektive Wahrscheinlichkeit zuordnen), Wünschen, daß er besteht. Ich halte solche Einstellung für prä-reflexiv in dreierlei Hinsicht: Erstens, jeglicher Gedanke (im Sinne von: jeglicher identifizierte mögliche Sachverhalt) wird gefaßt im Lichte einer grundlegenden kognitiven Einstellung. Zweitens, diese Einstellung kann begründet sein oder zurückgeführt werden auf irgendeine zugrunde liegende, fundamentalere Einstellung. Drittens, diese Einstellung selbst aber kann zum Gegenstand oder Inhalt eines sie reflektierenden Gedankens werden (welcher dann natürlich im Lichte seiner eigenen Grundeinstellung gefaßt wird). Es bedürfte der gemeinsamen Bemühung von Erkenntnistheorie, kognitiver Psychologie und Logik, um diese Überlegungen mit empirischer Substanz aufzufüllen.

Sei nun ATT ein System kognitiver Einstellung im diskutierten Sinne, dann können wir festlegen, daß die Äußerungsbedeutung m eines Satzes die folgende allgemeine Form hat:

(1)

m = <att, m’> wobei att є ATT

[196]Hier steht m’ für den „Inhalt“ der Äußerungsbedeutung, d. h. einfach m abzüglich der Einstellung, (1) erinnert natürlich an Searles Unterscheidung zwischen illokutiver Kraft und propositionalem Inhalt. Man muß jedoch beachten, daß att weder eine Spezifikation der illokutiven Kraft ist noch Element der semantischen Struktur sem.

Seien D, I, Q Symbole für die Einstellung in der Äußerungsbedeutung von normalen deklarativen, imperativischen bzw. interrogativen Sätzen. Aus dem Vorangegangenen ergibt sich klar, daß die Rolle dieser Einstellungen durch explizit benennende Ausdrücke nicht adäquat paraphrasiert werden kann. Wenn man dies gebührend berücksichtigt, dann können die folgenden näherungsweisen Umschreibungen aber als Hinweis gelten:

(2)

(a) D: der Äußerer hält es für ausgemacht, daß

 

(b) I: der Äußerer wünscht, daß

 

(c) Q: der Äußerer wünscht zu wissen, ob

Die Form einer solchen, gewissermaßen explizit kognitiven Formel, wie sie in (2) benutzt wird, ist natürlich leicht irreführend, weil sie eine explizite Nennung des Äußerers und der kognitiven Einstellung einschließt, was in offenem Widerspruch steht zum prä-reflexiven Charakter der Einstellungen.

Da auf der Grundlage unabhängiger Argumente explizit performative Ausdrücke genau so wie deklarative Sätze aufzufassen sind, sind die Einstellungen in Äußerungsbedeutungen im wesentlichen reduziert auf D, I und Q.[5] Wie diese Äußerungsbedeutungen in den jeweiligen kommunikativen Sinn überführt werden, ist für einfache Interaktionszusammenhänge ziemlich einleuchtend:

(3)

Durch das Äußern von mu mit der Äußerungsbedeutung m will der Sprecher, daß seine Zuhörerschaft erkennt, daß er bezüglich m’ die Einstellung att hegt.

Die Konsequenzen, die sich aus diesem Akt des Ausdrückens eines mentalen Zustandes sowohl für den Sprecher wie für die Zuhörerschaft ergeben, sind bestimmt durch allgemeine Regeln der sozialen Interaktion, die z. B. ebenso festlegen, was daraus folgt, wenn jemand an die Tür klopft oder wenn jemand sich demonstrativ nach einer Sitzgelegenheit umsieht, und was daraus nicht folgt.

Wenn man den bisher entwickelten Begriff von Einstellung akzeptiert, sind die Schlußfolgerungen für die semantische Struktur von Imperativ- und Interrogativsätzen ziemlich offensichtlich. Imperativsätze haben eine semantische Struktur sem = <Imp, pc>, wobei pc der propositionale Inhalt ist, der einen (künftigen) Akt des Adressaten bestimmt relativ zum Kontext ct, und Imp bestimmt die Einstellung I. Ähnlich haben Interrogativsätze eine semantische Struktur sem = <Qu, pc>, wobei pc den Suchraum determiniert relativ zu ct (d. h. den Sachverhalt, über den durch bestimmte Individuen entschieden werden soll oder der durch bestimmte Individuen erfüllt werden soll), und Qu bestimmt die Einstellung Q.[6]

[197]Man könnte nun versucht sein, die semantische Struktur von Deklarativsätzen als <Decl, pc> zu analysieren, wobei die „Urteils“einstellung D determiniert. Es scheint jedoch angemessener zu sein, von der Annahme auszugehen, daß Deklarativsätze normalerweise gar keinen Einstellungsspezifikator haben, oder eventuell einen leeren oder grammatisch nicht gekennzeichneten Einstellungsspezifikator. (Man denke an Freges Beobachtung, daß die Sprachen im allgemeinen keine Ausdrücke besitzen, die den Urteilsoperator repräsentieren.) Somit hat die semantische Struktur von Deklarativsätzen normalerweise nur die Form pc.[7] Wir könnten so ein universelles Prinzip annehmen, derart, daß die neutrale oder unmarkierte Äußerungsbedeutung eines Deklarativsatzes die Einstellung D bezüglich des durch pc identifizierten Sachverhalts relativ zum Kontext ct ist:

(4)

Sei pc die vollständige semantische Struktur einer deklarativen Äußerung u, dann ist die unmarkierte (oder normale) Äußerungsbedeutung m von u relativ zum Kontext ct gleich <D, m’>, wobei pc angewandt auf ct m’ determiniert.

Die unmarkierte Interpretation eines Satzes wie „Du hast die Tür geöffnet“ wäre somit die Identifizierung eines Sachverhalts, die relativ zum Kontext ct als wahr erachtet wird. Im Zusammenhang mit (4) sind zwei Bemerkungen zu machen.

Erstens, es kann nicht-neutrale Interpretationen geben, die in der Äußerungsbedeutung eines Deklarativsatzes eine andere Einstellung specifizieren. In Abhängigkeit von einem passenden m’ können solche nicht-neutralen, also nicht „Urteils“einstellungen, sogar vorherrschen. So etwa dürfte einer Äußerung wie (5), obwohl sie in ihrer unmarkierten Interpretation ein einfaches „Urteil“ darstellt, häufiger doch die Einstellung I zugeordnet werden: 

(5)

Du verschwindest heute Nacht

(Es ist aber eine ganz andere Frage, welcher kommunikative Sinn aus dem Zusammenwirken von Äußerungsbedeutung und Interaktionszusammenhang resultiert. In dieser Hinsicht könnte (5) sogar ein barscher Befehl sein.)

Zweitens, ich fasse (4) so auf, daß es die Einstellung D bestimmt, falls nichts sonst zu einer Veränderung in Richtung auf eine mehr „markeirte“ Einstellung führt. Allerdings schließt (4) das völlige Fehlen einer Einstellung aus. Eine Äußerungsbedeutung ohne eine ihr zugeordnete Einstellung erweist sich in der Tat als unmöglich. Man könnte (6) in Betracht ziehen als eine Formulierung, die das bloße m’ von (5) ausdrückt, aber eine Äußerung von (5’) ist normalerweise keine komplette Äußerung. 

(5′)

Daß du heute Nacht verschwindest

Auf gewisse Weise trägt (4) also der Tatsache Rechnung, daß Deklarativsätze grundlegend oder neutral sind im Gegensatz zu anderen Satztypen und daß ihre assertive Interpretation den neutralen oder unmarkierten Fall darstellt. Man beachte, daß (4) als universelles, aber empirisches Prinzip über die semantische Struktur natürlicher Sprachen aufgestellt ist. Seine unterstellte Universalität befindet sich nicht im Gegensatz zu der Möglichkeit, daß entgegen der Fregeschen Beobachtung eine Sprache einen Urteilsoperator haben könnte.[8]

 Das Prinzip behauptet nur, [198]daß reine Deklarativsätze stets die neutrale Einstellung D determinieren, sofern nicht etwas Spezielles im Äußerungskontext eine andere, „markiertere“ Einstellung induziert. Das Prinzip impliziert ferner, daß es für eine Sprache eine markierte Eigenschaft ist, neben Spezifikatoren für I, Q und möglicherweise andere markierte Einstellungen, einen besonderen D-Spezifikator zu besitzen.

Nehmen wir illustrationshalber an, daß z. B. wollen die Einstellung I, die ich für die Äußerungsbedeutung von Imperativsätzen angenommen habe, in expliziter Weise beschreibt. (6) und (7) würden dann eng zusammenhängen in dem Sinne, daß (6) eine prä-reflexive Einstellung anzeigt, die (7) explizit beschreibt (mit D als seiner eigenen prä-reflexiven Einstellung).

(6)

Komm herein!

(7)

Ich will, daß du hereinkommst

Man kann nun leicht sehen, daß und wie sich diese Sätze in ihrer semantischen Struktur unterscheiden. Auf eine halbformale, unmittelbar einsehbare Weise kann man diese repräsentieren:

(6’)

<Imp, <hereinkommen, du>>

(7’)

<Wollen, ich, <hereinkommen, du>>

Hier hat (7’) keinen (oder vielleicht eher einen leeren) Einstellungsspezifikator.[9]

 (Ähnliche Betrachtungen gelten für Paare wie (8) und möglicherweise auch (9): 

(8)

(a) Wer kommt zuerst?

 

(b) Ich will wissen, wer zuerst kommt

(9)

(a) Er weiß es wahrscheinlich/leider

 

(b) Es ist wahrscheinlich/bedauerlich, daß er es weiß

Es wäre eine interessante und keineswegs triviale Aufgabe, die Einstellungsspezifikatoren in den formalen Apparat einer Mögliche-Welten-Semantik einzubauen, und zwar interessant sowohl hinsichtlich ihres semantischen Typs wie auch hinsichtlich ihrer Denotate. Obwohl ich keine prinzipiellen Schwierigkeiten sehe, will ich diese Probleme hier nicht weiter verfolgen.

Wenn wir zur Ausgangsfrage zurückkehren, nämlich wie der kommunikative Sinn und besonders die illokutive Kraft eines Sprechakts mit der semantischen Struktur zusammenhängen, dann ergibt sich das folgende — ziemlich traditionelle — Bild:

(a) Die illokutive Kraft eines Sprechakts ist eine mehr oder minder komplexe Bedingung, die zu seinem kommunikativen Sinn und somit zur Ebene der sozialen Interaktion gehört. Sie ist streng genommen nicht. Bestandteil seiner semantischen Struktur sem, ja nicht einmal seiner Äußerungsbedeutung m. Im strikten Sinne gibt es daher keine Indikatoren der illokutiven Kraft in der semantischen Struktur einer Äußerung. In einem laxeren Sinne könnte man als Indikatoren der illokutiven Kraft jene Elemente einer Äußerung ansehen, die deren cs relativ zu einem bestimmten Interaktionszusammenhang mehr oder minder direkt beeinflussen. Diese Elemente zerfallen grob in zwei Typen: Explizit performative Formeln einerseits, und Satztypen (nebst eventuell hier anzuführenden gewissen Satzadverbialen) andererseits.

(b) Explizit performative Formeln sind semantisch betrachtet ganz gewöhnliche Deklarativsätze mit der einzigen Besonderheit, daß sie in einem bestimmten Sinn [199]token-reflexiv sind, d. h. daß der Sachverhalt, den sie beschreiben (als bestehend anzeigen), genau der Sprechakt ist, in dem sie benutzt werden.

(c) Satztypen differenzieren unterschiedliche Typen von Äußerungsbedeutungen, die normalerweise (aber nicht ein-eindeutig) auf bestimmte Typen von illokutiven Kräften bezogen werden.

(d) Die semantischen Komponenten, die die Satztypen differenzieren, sind Einstellungsspezifikatoren in dem Sinne, daß sie die kognitive Grundeinstellung bestimmen, mit der ein bestimmter Sachverhalt mental erfaßt wird. Prinzip (3) oben charakterisiert die Art und Weise, wie Einstellungen den kommunikativen Sinn in einfachen (oder direkten) Fällen determinieren.

In gewisser Weise bleibt also die Aufgabe der Charakterisierung semantischer Strukturen das, was sie war, bevor die Sprechakttheorie aufkam, obwohl die Sprechakttheorie erheblich dazu beigetragen hat, klar zu machen, worin diese Aufgabe besteht und wie sie zusammenhängt mit Problemen des Sprachgebrauchs in der Kommunikation.

 

R É S U M É

Větný typ a kognitivní postoj

Vycházeje z Fregeho rozlišování „myšlenky“, „soudu“ a „tvrzení“ a nezávisle na tom motivovaného paralelního rozlišování „větného významu“ (propozice), „výpovědního významu“ a „komunikativního smyslu“ zkoumá autor statut postojů a postojových výrazových prostředků v sémantickém popisu. Analýza jazykových typů (syntaktických modů) je korelována s předpokladem systému základních postojů, jimiž je myšlenka uchopena, zhodnocena a jazykově vyjádřena.


[1] J. R. Searle, Speech Acts, Cambridge 1969; derselbe, Indirect Speech Acts, Speech Acts, ed. P. Cole and J. L. Morgan, New York - San Francisco - London 1975, pp. 59—82.

[2] G. Frege, Einleitung in die Logik, Schriften zur Logik, Berlin 1973, pp. 75—92.

[3] Die beiden Stufen des Fassens eines Gedankens und des Urteilens dürfen nicht als zeitliche Abfolge verstanden werden, sondern eher als eine inhärente Abhängigkeit. Einen Gedanken als solchen zu betrachten, d. h. ohne seine Wahrheit zu bewerten, ist psychologisch eher als abgeleitete, denn als primäre Situation anzusehen.

[4] In gewisser Weise ist ein Urteil eine Proposition + der ihr zugeordnete Wahrheitswert. Wittgenstein, der aus logischer Sicht „Satz“ und „Gedanke“ identifizierte, bemerkt daher zutreffend: „Freges ‚Urteilsstrich‘ ist logisch ganz bedeutungslos; er zeigt bei Frege (und Russell) nur an, daß diese Autoren die so bezeichneten Sätze für wahr halten. „|—“ gehört ebensowenig zum Satzgefüge wie die Nummer des Satzes. Ein Satz kann unmöglich von sich selbst aussagen, daß er wahr ist“ (L. Wittgenstein, Tractatus logico-philosophicus, London 1922, 4.442). Eine Äußerung hingegen wird von einer Person interpretiert und ist somit Gegenstand einer Einstellung bezüglich des Sachverhalts, die Äußerung identifiziert.

[5] Tatsächlich ist dies eine starke Vereinfachung, weil hier Einstellungen ignoriert werden, die nicht durch den Satztyp determiniert werden, etwa hypothetisches Annehmen, Erwarten etc. Wie Monika Doherty (pers. Mitteilung) beobachtet hat, sind diverse deutsche Modalpartikel wie wohl, doch, ja und auch verschiedene Satzadverbiale Indikatoren für solche Einstellungen. Dies erweist sich u. a. durch die für sie geltenden Vorkommensbeschränkungen mit bestimmten Satztypen.

[6] Es gibt hier natürlich viele Probleme hinsichtlich der Skopusbestimmung in Wh-Fragen. Diese Probleme bestehen jedoch unabhängig von der hier vorgeschlagenen Analyse. Außerdem sind sie in der Struktur von pc verankert, d. h. im Skopus von Qu, technisch gesprochen. Dies folgt aus dem, was ich den prä-reflexiven Charakter der Einstellungen genannt habe. Syntaktisch könnten sowohl Imp als auch Qu an die COMP-Konstituente (den „complementizer“ im Sinne von N. Chomsky, Essays on Form and Interpretation, New York - Amsterdam - Oxford 1975) des obersten „clause“ einer Gesamtsatzstruktur gebunden werden.

[7] Ich sage „normalerweise“, um mir die Möglichkeit offen zu halten für Deklarativstrukturen derart <Hyp, pc>, wobei Hyp eine Einstellung hypothetischen Annehmens bestimmt, es ist dies der semantische Effekt von Modalpartikeln oder Satzadverbialen wie wahrscheinlich.

[8] Andererseits gibt es empirische Daten, die geeignet sind, Freges Beobachtung zu relativieren. E. Lang (pers. Mitteilung) hat mich darauf hingewiesen, daß z. B. die satzschließende Partikel im Klassischen Chinesisch distributionelle Eingeschaften und kommunikative Funktionen aufweist, die sie zu einem ziemlich direkten Urteilsoperator machen. (Man vergleiche auch die erhellende Charakteristik, die diese Partikel erfährt bei G. von der Gabelentz, Chinesische Grammatik (Leipzig 1883, 316): „Satzschließendes ist constatirend, aber unübersetzbar.“) Bei genauerer Untersuchung wären möglicherweise ähnliche Folgerungen zu ziehen für Øe, ti im Modernen Burmesich und für andere Partikel in verschiedenen Sprachen.

[9] Obwohl ich ich will als ziemlich genaue Entsprechung zum semantischen Gehalt des Imperativs auffasse, hängt von dieser speziellen Annahme nichts ab. Wem es adäquater erscheint, der möge dafür ich fordere oder ich befehle einsetzen. Die Argumentation erstreckt sich ebenso auf diese Umschreibungen.

Slovo a slovesnost, volume 40 (1979), number 3, pp. 194-199

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